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Die Ebenseer Kripperlroas

Ebensee, ein Ort im Salzkammergut, am Südufer des Traunsees, ist ein Ort, in dem Brauchtum eine bedeutende Rolle spielt.
Seine Lage, etwas abgelegen, am Südufer des Traunsees, prädestiniert den Ort, attraktive Besonderheiten zu den Themen Heimat, Kunst und Brauchtum entwickelt zu haben.

Das hier sehr stark ausgeprägte Brauchtum gipfelt im Ebenseer Faschingsgeschehen und darin im „Ebenseer Fetzenzug“, am Rosenmontag eines jeden Jahres stattfindet. Selbst in Zeiten von Corona konnte man auf dieses gesellschaftliche Geschehen in Ebensee nicht verzichten. Das hatte damals natürlich entsprechende Folgen. Wir werden auf diese Besonderheit in einem späteren Artikel entsprechend eingehen.

Aber Brauchtumspflege beginnt in Ebensee schon in den ersten Tagen des Jahres, in der letzten Rauhnacht des Winters, am 5.1. d.J., mit dem Glöcklerlauf, in dem weiß gekleidete Einheimische mit großen, beeindruckenden und innenbeleuchteten Glöcklerkappen und Schellen am Gürtel, lärmend durch den Ort ziehen und damit den Winter austreiben.
Die detailreich und mit Akribie gearbeiteten Glöcklerkappen sind ein erster Beweis dafür, dass Brauchtum sehr eng mit Kunst, nämlich Volkskunst verbunden ist.

Ein weiterer, schlagender Beweis für diese Feststellung ist das in Ebensee und dem inneren Salzkammergut (Bad Ischl, Bad Goisern, Hallstatt) weit verbreitete Kunsthandwerk des „Kripperl schnitzens“. An die geschätzten 200 Personen allein in Ebensee und Umgebung betätigen sich in dieser Kunst, in der mit viel Liebe ganze Krippenlandschaften mit entsprechend geschnitzten Holzfiguren geschaffen werden.
Wie in allen Kunstformen gibt es auch beim „Kripperl schnitzen“ einige wenige solcher Schnitzer, die sich mit ihren Werken ganz besonders hervor tun.
Ihnen allen voran steht – gewissermassen als Vorbild – die weithin bekannte Barockbildhauerfamilie Schwanthaler, die sich auch im Salzkammergut manifestiert hat (Thomas Schwanthaler mit der Dreikönigskrippe in der Stadtpfarrkirche in Gmunden, Johann Georg Schwanthaler in der Pfarrkirche Altmünster). Auch in den Figuren der großartigen Landschaftskrippe in der Pfarrkirche Ebensee vermutet man Schwanthaler Arbeit.

Ein besonderes Anliegen ist es uns in diesem Artikel aber, von denjenigen Personen zu erzählen, die nicht einen solchen, überregionalen Bekanntheitsgrad erreicht haben und trotzdem mit großem Kunstverständnis, handwerklichem Geschick und engelhafter Geduld versehen, in ihren Ebenseer Wohnzimmern oder Werkstätten sitzen und mit ihren Schnitzwerkzeugen beeindruckende Weihnachtskrippen – Kunstwerke schaffen.

Wir haben uns mit einer Ortskundigen auf den Weg gemacht, um einen dieser Künstler zu besuchen, ihm über die Schulter zu schauen und seine Werke zu bestaunen.

Man hat uns vorher darüber informiert, dass es unterschiedliche Arten von Krippen gibt. Vorzugsweise sind es die teilweise meterlangen Landschaftskrippen, mit weitläufigen Landschaftsdarstellungen, in deren Mitte die Geburt Jesu mit den uns bekannten Figuren der Mutter Maria, des Josef der heiligen drei Könige, der Hirten, wie Ochs und Esel (manchmal auch Elefant und Kamel) dargestellt wird.

Aber auch interessante Exemplare von Kasten- und auch Blockkrippen sind in Ebensee zu finden.
Unser diesmaliger Weg zur Kunst führt uns zu einem ortsbekannten Blockkrippenschnitzer in Rindbach, einem Ortsteil von Ebensee - Klaus Müllegger.

Er, ein Weitgereister, ein Globetrotter, der spannend von seinen weiten Reisen in Länder auf anderen Kontinenten zu erzählen weiß, der sich mit solchen Reisen einen weiten Horizont geschaffen hat, ist vor einigen Jahren zurückgekehrt in seine Heimat, nach Ebensee und hat es hier zu erstaunlichem Schnitzerkönnen gebracht. Er erzählt uns, dass es keineswegs nur handwerkliches Geschick ist, das ihn dazu befähigt, solche Ausnahmekrippen, die er uns gleich zeigen wird, zu schaffen, sondern dass Phantasie und Vorstellungskraft die eigentliche Voraussetzung dafür sind, Kunstwerke herzustellen.

Wir werden ins Haus geführt und stehen vor einer Sammlung von Krippen, deren bisher unerwartete, in jeder Hinsicht künstlerische Güte, uns in großes Erstaunen versetzt. Sein Meisterstück, „seine“ Dreikönigskrippe, steht an zentraler Stelle, auf einer etwa 1 Quadratmeter großen Fläche im Raum und lässt uns auf Anhieb nicht mehr los. Immer wieder kehren wir zu diesem Exponat zurück, das uns besonders beeindruckt. Es wurde in etwa 600 stündiger Arbeit vom Künstler und seiner Malerin geschaffen.
Diese ganz besondere Krippe umgeben einige weitere Krippen in ebensolcher Güte. Auch so genannte „Ebenseer Krippen“ sind zu sehen, in denen keine heiligen drei Könige zu finden sind, sondern Einheimische in ortstypischer Tracht, die andächtig um die Krippe mit dem Jesuskind gruppiert sind. Sie bringen dem Jesusking keinen Weihrauch, kein Gold und keine Myrrhe, sie bringen warme Socken, lokale Speisen und Derartiges.

Unsere kleine Führung durch das Schaffen dieses Mannes mit seinen Fähigkeiten endet vor einem gar nicht frommen Schnitzwerk, nämlich vor der sehr detailreichen Darstellung des Ebenseer Fetzenzuges, von dem eingangs schon die Rede war. Wenn ich mich richtig erinnere war von etwa 80 Personen in dieser Darstellung die Rede, die in ihrer Gesamtheit, mit einer unglaublichen Geduld und einer ebensolchen Liebe zum Detail geschnitzt und bemalt wurden.

All diese mit so viel Einsatz geschaffenen Kunstwerke, die uns so sprachlos vor Staunen machen, sind selbstverständlich unverkäuflich, denn sie sind Herzblut eines Mannes, der sich mit diesen Kunstwerken identifiziert, der sie lebt und in denen er seine Seele nach aussen getragen sieht. Wir können das sehr gut verstehen, auch wenn wir das eine oder andere Exponat gerne mit nach Hause genommen hätten.

All das hier zu Sehende und soeben Erlebte macht es uns schwer, dieses Haus mit seinem beeindruckenden Kunstinventar wieder zu verlassen. Wir haben uns aber diese Türe offen gelassen, denn wir vermuten und hoffen, dass aus diesen Händen, in den kommenden Jahren, noch sehr viel mehr Sehens- und Bestaunenswerte kommen wird.

Klaus Mühlegger freut sich über jeden Besucher im Rahmen der Ebenseer Kripperlroas, in der es viel Unerwartetes zu bestaunen gibt – Anmeldung: Klaus Mühlegger, Blockkrippen, 068110362259. Die Kripperlroas endet zu Maria Lichtmeß, am Donnerstag, den 2.2.2023

Ja und korrekter- und faireweise müssen wir zuletzt hier noch anmerken, dass es in Ebensee noch so Einige und Einiges mehr gibt, das eine Reise in diesen interessanten Ort erstrebenswert macht. Davon wollen wir in kommenden Artikeln berichten.

© Rudi Gigler, 2023

Dreikönigskrippe

Ebenseer Krippe (mit Gaben)

Ebenseer Krippe

Der Künstler Klaus Mülleger

Ebenseer Fetzenzug

 

Ebenseer Fetzenzug (Ausschnitt)