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Die Dantonisten gegen den Rest der revolutionären Welt.

Leidenschaftlich und modern premierte Maya Fankes Inszenierung von „Dantons Tod“ am Schauspielhaus in Salzburg.

Georg Büchner ist für seine Politik-Affinität bekannt. So ist es nicht verwunderlich, dass er 1835 in „höchstens“ fünf Wochen sein politisches Drama „Dantons Tod“ niederschrieb.

Eines der wohl bekanntesten und zugleich komplexesten Büchner'schen Stücke handelt von der Zeit nach den berühmten Umstürzen in Frankreich. Mit den Idealen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit nahm man es 1794, nur wenige Jahre nach dem historischen Datum, nicht mehr ganz so genau. Die beiden Revolutionsführer Danton und Robespierre sind verfeindet. Der eine wirbt als Epikureer für das Lustprinzip und gibt sich aristokratisch überheblich seinen Lastern hin, während der andere auf Moral und Tugend pocht und diese auch mit aller Macht durchzusetzen gedenkt. Dazwischen die Anhängerschar beider Parteien und das Volk.

Maya Fanke inszenierte das Politdrama rund um Georg Danton zeitgenössisch und jugendlich (Bühne: Vincent Mesnaritsch, Kostüme: Elke Gattinger, Musik: Manuel Mitterhuber). Dafür wurde das mannigfaltige Sujet kurzerhand aufgedröselt und mit einigen Kniffen zugänglich gestaltet. Die beiden streitenden Revolutionsparteien trennt bereits die Farbe ihrer Kleidung. Rot als Signum der Jakobiner ziert die gemäßigte Fraktion der Dantonisten (Martin Brunnemann, Kristina Kahlert, Frederic Soltow, Alexandra Sagurna, Marcus Marotte), Schwarz und Weiß die Anhänger von Robespierre (Matthias Hinz, Magnus Pflüger, Moritz Grabbbe). Letztere zeigen sich verbissen und unbarmherzig, allen voran Robespierre (Olaf Salzer) höchstpersönlich. Kämpferisch engagieren sie sich für ihre Ideale und konzentrieren ihre leidenschaftlichen Gefühle auf die Intrigen gegen die feindliche Opposition. Trotzdem werden just an Robespierre, der sich der Tyrannei der Tugend verschrieben hat, mitmenschliche Züge greifbar. Alsbald kommen dem Vorstand des Wohlfahrtsausschusses nämlich erste Zweifel an seinem Vorgehen.
Das Gegenteil zu der harten Ideologie von Robespierre und seinen Männern verkörpern die Dantonisten. Leidenschaftlich und amourös egoistisch frönt Danton (M. Brunnemann) dem schönen Leben, während er beteuert, der Politik überdrüssig zu sein. Seine Anhänger reden vergebens auf ihn ein. Danton begreift die Fatalität der Lage erst, als er sich bereits selbst vor dem Tribunal befindet. Jetzt sind die schönsten und empathischsten Worte allerdings vergeudet; der manipulierte Scheinprozess verkommt zur Farce. Derweil schreit das Volk und fordert weitere Opfer.

Die Bühne ist einfach und wird trotzdem zur erlebnisreichen Kulisse der dramatischen Politereignisse des post-revolutionären Frankreichs. Das Volk trägt hässliche Masken, die zum Abbild ihrer Gefühle oszillieren. Ein Hauch von Todesahnung liegt bereits mit der ominös lasziven Figur von Marion (Susanne Wende) in der Luft. Je nach Bedarf nimmt sie am Geschehen teil oder wandelt in Todes ähnlicher Manier über die Bühne. Die musikalische Untermalung heizt das revolutionäre Geschehen weiter an, gleichzeitig sorgen sanfte Töne in den passenden Momenten für einen ganz besonderen Zauber. Ähnliches gelingt den Chor-Sequenzen des Ensembles, das wohltönend die Dramatik des Augenblicks akzentuiert.

„Dantons Tod“ mag zwar nicht unbedingt als leichte Theaterkost gelten; Maya Fanke ist mit ihrer Inszenierung und der Leistung des Ensembles allerdings eine großartige Adaption gelungen, die auch ohne spezielles Vorwissen Zugang zu den post-revolutionären Intrigen und Manipulationen ermöglicht.

© Veronika Zangl, 2016

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