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„Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ Hej Sverige in Salzburg (Schauspielhaus Salzburg)

Schweden ist groß im Krimigeschäft – noch größer ist der Nimbus des „Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“. Die absurd amüsante Dramatisierung des Belletristik-Stars premierte jetzt auch mit viel Publikumsliebe am Schauspielhaus Salzburg.

Jonas Jonasson kreierte mit seinem Romandebüt „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ einen Hype. Wochenlang, ach was, monatelang rangierte die skurrile Komödie ganz oben auf den Bestsellerlisten. Im deutschen Verlagswesen hallt der Ruhm bis heute nach – „Der Fünfzigjährige, der nach Indien fuhr und über den Sinn des Lebens stolperte“ oder „Der Mann, der Luft zum Frühstück aß“ sind literarische Zeugen des losgetretenen grammatikalischen Trends.

Am Samstag premierte das beliebte Schweden-Original, das sich wie ein absurder Krimi anlässt, als Dramatisierung am Schauspielhaus. Nebenbei schafft die Inszenierung, was der Verfilmung 2013 verwehrt blieb: Sie amüsiert und begeistert. Christoph Batscheider straffte die voluminöse Handlung auf immer noch stattliche Theaterlänge und lässt sie trotzdem schnell und heiter passieren. Im zweistöckigen Bühnenbild wechseln sich verschiedene Ebenen fließend und verspielt ab. Reste der „Biedermann und die Brandstifter“-Kulisse sorgen für das richtige Ambiente und werden von Video-Einspielern komplettiert. Das Ergebnis ist eine spannende Theater-Film-Kombination, die die Sinne fordert. Gleichzeitig akzentuieren musikalisch leitmotivische Töne diese und ähnliche Eindrücke (Ausstattung: Annett Lausberg, Licht: Thomas Finsterer,
Dramaturgie: Christoph Batscheider, Maske: Maria Gradl, Video: Michael Winiecki).

Das Ensemble begeistert mit humoristisch, ernstem und slapstick-artigem Spiel. Olaf Salzer mimt den abenteuerlustigen Neunundneunzigjährigen, der an seinem 100sten Geburtstag aus dem Altersheim Reißaus nimmt. Naiv und gutgelaunt macht er sich ans Werk, verschwendet keine Gedanken an die Zukunft. Trotzdem oder gerade deswegen landet er erstaunlicherweise immer wieder auf beiden Beinen. Zuerst flieht Allan Karlsson nur vor Schwester Alice und ihrem Haferbrei (Alexandra Sagurna mit humorigem Akzent), später auch vor den Mitgliedern der „Never Again“-Bande und halb Schweden.

Währenddessen des unfreiwilligen Road-Trips durch Schwedens Pampa – den der Regisseur findig und mit wenigen Mitteln in die Inszenierung inkludierte – schließt der rüstig sympathische Rentner zahlreiche Freundschaften. Julius, der liebenswert verschrobene Hobby-Kriminelle, steht seinem neuen und einzigen Freund treu zur Seite. Zu zweit geht die Reise weiter; bald darauf stoßen auch Benny (amüsant verliebt Antony Connor) und Gunilla (burschikos entschlossen Susanne Wende) dazu. Doch die Gauner sind ihnen dicht auf den Fersen – meistens in Form von Moritz Grabbe als herrlich überzeichnete Bösewichte oder Spion. Wahlweise schwingt er aber auch als feuriger General Franco die Hüften. Und dann ist da ja noch der Kommissar (Magnus Pflüger), der in Manier eines zerzausten amerikanischen Filmhelden mit Kaffeebecher in der Hand immer einen Tick zu spät auf der Bildfläche erscheint. Dazu tönt Falcos „Kommissar“ aus den Lautsprechern. Für die diversen Rückblenden schlüpft Frederic Soltow in die Rolle des jungen Allans. Die Doppelbesetzung ermöglicht es, dass sein älteres Ich ebenfalls auf der Bühne sitzt und sich gedankenverloren mit nostalgischem Blick erinnert.

„Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ ist in der Inszenierung des Schauspielhauses Salzburg vermutlich schwedischer als die schwedische Verfilmung. Außerdem schafft sie das, was dem Film verwehrt blieb: Dem Roman von Jonas Jonasson durchaus das Wasser zu reichen. Und das ist eine ganze Menge. (mehr...)

© Veronika Zangl, 2017

 

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