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„Don Carlos“ im Landestheater Salzburg

Liebe, Macht und Intrigen am spanischen Königshof.

Friedrich Schillers „Don Carlos“ fasziniert und begeistert am Salzburger Landestheater.

Revolution in der Landeshauptstadt. Dort nämlich inszenierte Alexandra Liedtke Friedrich Schillers „Don Carlos“ (1787). Das Ergebnis erfreut; jugendlich und leidenschaftlich präsentiert sich das Drama rund um König Philipp II von Spanien und seinem Sohn Carlos (Bühne: Raimund Orfeo Voigt, Kostüme: Johanna Lakner, Musik: Karsten Riedl).

Der spanische Infant ist in Aufruhr. Sein verhasster Vater Philipp II wurde aus Gründen der Staatsräson mit Elisabeth von Valois verehelicht, Carlos' großer Liebe. Als sein Jugendfreund Marquis von Posa nach langer Abwesenheit wieder nach Hause zurückkehrt, findet er einen gänzlich verwandelten Prinzen. Verzweifelt und aggressiv schwingt der seine Reden, bis ihn Posa zur Besinnung bringt. Er erinnert Don Carlos an seine Pflichten gegenüber dem Volk; es gilt den unterdrückten flandrischen Provinzen die Freiheit zu bringen. Der Prinz kann allerdings nicht von Elisabeth lassen; die Situation gerät alsbald vollends außer Kontrolle und auch der despotische König scheint drohendes Unheil zu ahnen.

Die Szenenwechsel in „Don Carlos“ vollziehen sich meist zu lauten Rhythmen und eindringlichen Song-Passagen. Licht und Technik unterstützen die starken Auf- und Abtritte der verschiedenen SchauspielerInnen. Ausgestattet mit den Texten aus Schillers erstem Versdrama werden große Emotionen evoziert und politische fatale Situationen präsentiert. Es ist ein düsteres Bild, das entsteht. Gleichzeitig ist es eine ideale Chiffre, um die Absonderlichkeiten und den Despotismus des absolutistischen Staates konkret zu machen. Dafür sorgt vor allem die höchst leidenschaftliche familiäre Trias rund um den König, die mit starken Dialogen und emotionalen Reden brilliert (Gregor Schulz als Don Carlos,  Julienne Pfeil als Elisabeth von Valois und Marcus Bluhm als herrischer Regent). Für den Aspekt der Freiheit sorgt der kluge und auf Menschenwürde bedachte Marquis von Posa (eindrücklich Gregor Schleuning). Als negatives Beispiel der monarchischen Macht lassen sich die höfischen Intriganten zitieren; Britta Bayer und Marco Dott verleihen ihren Figuren maliziöse Züge. Sie genießen ihre Positionen und steuern mit präzise applizierter Finesse die Belange des Königs. Es ist dann auch genau diese manipulierende Strategie, die sich Posa selbst zu eigen macht; allerdings nutzt er, der Menschenfreund, sie für seine eigenen selbstlosen Zwecke. Es gilt Don Carlos und dessen politische Mission zu retten, selbst wenn das bedeutet, sich selbst zu opfern.

Es scheint ein trauriges Exempel, das Schiller zwei Jahre vor der Französischen Revolution mit „Don Carlos“ statuierte. Gleichzeitig sollte es seine Zeitgenossen an ihre hehren Ideal erinnern: Die  Menschenwürde, die sich mit der Fürstengröße verbindet. Für Don Carlos und den Marquis von Posa blieb es bei diesem Traum. Einige hundert Jahre später sehen die Dinge (meistens) freilich schon anders aus. Eine leidenschaftliche Erinnerung in Form der aktuellen Inszenierung schadet allerdings keinesfalls; vor allem dann nicht, wenn das Schauspiel so in den Bann zieht, wie es Liedtkes „Don Carlo“ vermag. (mehr...)

© Veronika Zangl, 2016

 

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Gregor Schulz / Julienne Pfeil