Charleys Tante
Schauspielhaus Salzburg - Rezension
Mit „Charleys Tante“ premierte am Schauspielhaus Salzburg eine Kult-Komödie. Statt Mord, Totschlag oder Zeitkritik dominiert unbeschwerter britischer Humor.
„Wenn dir das Leben eine Zitrone gibt, dann mach' Limonade daraus“. Das ist die eine Möglichkeit, die andere wäre, sich in eine Komödie wie „Charleys Tante“ zu setzen und herrlich unbeschwertem Klamauk beizuwohnen. Der Klassiker von Brandon Thomas, mit dem der Werftarbeiter zum vermögenden Schreiber avancierte, ist nicht nur als nostalgischer Filmhit aus den fünfziger und sechziger Jahren beliebt; Christoph Batscheider inszenierte den Stoff als modernisierte, temporeiche Farce jetzt auch erfolgreich am Schauspielhaus Salzburg.
Zwei befreundete Studenten benötigen eine Anstandsdame für ihr Stelldichein mit zwei jungen Damen. Kurzerhand planen sie dafür die reiche Tante aus Brasilien ein. Als die nicht rechtzeitig auftaucht, muss der Butler einspringen und die wohlhabende Fremde mimen.
So viele aufgelegte Pointen können nur in ein Komödien-Feuerwerk kulminieren. Ch. Batscheiders Inszenierung zeigt vor, wie das funktioniert (Ausstattung: Ragna Heiny, Licht: Marcel Busa, Dramaturgie: Christoph Batscheider). Mit Anleihen an die originale Entstehungszeit geizt die Interpretation von „Charleys Tante“ genau so wenig wie mit modernen Einsprengseln. Aus diesem Grund wurden nicht nur filmische Episoden aus berühmten deutschen Vorgängern eingearbeitet (Stichwort Heinz Rühmann oder Peter Alexander), sondern auch musikalische Arrangements, die dem Hier und Jetzt entspringen, und farbenfrohe Lichteffekte, die das technische Knowhow des 21. Jahrhunderts präsentieren. Das Setting für diese und ähnliche Reminiszenzen bildet eine Guckkastenbühne, die trotz sehr überschaubarer Ausstattung zu einem prächtigen Bau oszilliert. Möglich wird das durch die Überhöhung der Bühnenbretter und eine kluge Choreografie. In einer ausgelassenen Polonaise zieht das Ensemble immer wieder seine Kreise hinter der Bühne durch den 'Garten' und lässt nur die Köpfe sichtbar werden. Dadurch wächst und gedeiht der eigentlich begrenzte Raum visuell und verwandelt sich in ein stattliches Anwesen.
In der namensgebenden Titelpartie präsentiert Antony Connor ein großartiges Tableau an Emotionen, die sich wunderbar in seinem Ausdruck spiegeln. Dafür stöckelt er maskulin in Pumps über die Bühne und intoniert in hoher Stimmlage. Vom anfänglichen Übermut, mit dem Brassett in seiner Rolle kokettiert, ist am Ende nicht mehr viel übrig. Verzweifelt will er die Scharade verlassen, wird aber von Jack Chesney (snobistisch-distanziert Matthias Hinz) und Charley Wykeham (sympathisch-gutmütig Magnus Pflüger) zum Weitermachen genötigt. Die beiden sind auf den zwangsbeglückten Butler angewiesen, um Amy Spettigues (Magdalena Oettl) Onkel und Kitty Verduns (Juliane Schwabes) Oheim davon zu überzeugen, in eine Verbindung zwischen ihnen einzustimmen. Die beiden Frauen reflektieren dabei genau die Charakteristika ihrer männlichen Pendants; das geschieht nicht nur durch Magdalena Oettls fröhliche Amy, die immer im Schlepptau von Juliane Schwabes kühl-kalkulierender Kitty ist, sondern auch durch die Kostümwahl – ockergelber Petticoat trifft auf ockergelbe Chino, rotkarierter Petticoat auf rotgestreiften Blazer. Lebendige, schlagfertige Dialoge verleihen dem Stück eine temporeiche Note, die auch durch slapstickartige Szenen unterstützt wird. Eine davon ist das leitmotivische Streuen von musikalischen Arrangements – so begleitet eine strenge militärische Melodie die Auftritte des Sir Francis Chesneys (Olaf Salzer als wunderbar forsche Vaterfigur) und eine an Detektivfilme erinnernde Version die des inquisitiven, zürnenden Stephen Spettigues (Marcus Marotte als berechnender Onkel, Oheim und Verehrer). In diesem tollen Liebes- und Verwechslungsreigen behält eigentlich nur eine souverän den Überblick – die verspätet eingetroffene, tatsächliche Tante Donna-Lucia d'Alvadorez (Ute Hamm). Und die genießt es sichtlich, die Scharade langsam aber sich zu entblättern.
© Veronika Zangl, 2017
Fotos:Chris rogl