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Emilia Galotti

Schauspielhaus Salzburg (Rezension)

Emilia, ach, Emilia

Das Schauspielhaus Salzburg nimmt mit „Emilia Galotti“ einen Klassiker der Aufklärung ins Repertoire. Irmgard Lübke inszenierte das Stück als emotionale Achterbahnfahrt mit tragischem Ausgang.

Die Empfindsamkeit ist eine tolle Strömung: Sie machte die Lesesucht salonfähig und wertete den Roman auf. Dazu trug auch maßgeblich Gotthold Ephraim Lessing bei, der mit seinen zahlreichen Dramen emsig an der Aufklärung mitmischte. Eines davon ist „Emilia Galotti“, das zur Zeit am Schauspielhaus Salzburg auf dem Spielplan steht und als bürgerliches Trauerspiel ein echter Evergreen ist. Adel versus Bürgertum? Die politische Komponente ist bis heute präsent, Regisseurin Irmgard Lübke verzichtet aber auf einen direkten Transfer in die Moderne; stattdessen baut sie die emotionale Komponente aus und richtet den Fokus auf das Seelenleben ihrer Figuren.

Der Prinz von Guastalla könnte zwar jede Adelige haben, hat aber just ein Auge auf die Bürgerliche Emilia Galotti geworfen. Als die noch am gleichen Tag mit dem Grafen Appiani verheiratet werden soll, setzt er seinen Kammerherrn Marinelli auf sie an – ein folgenschwerer Fehler.

Leidenschaft und Wahn dienen als Movens des Prinzen (Simon Jaritz auf begehrlichen Freiersfüßen), um Emilia Galotti nachzustellen. Die besitzt trotz ihrer Unschuld bereits das Wissen um ihr sinnliches Naturell, das sie mit aller Vehemenz zu unterdrücken versucht. Ganz gelingt ihr das nicht; immer wieder bricht es aus Kristina Kahlerts Emilia hervor und sie gerät ins Schwärmen. Ihre Mutter (empathisch Susanne Wende) spiegelt die Gefühle der Tochter und vermag trotzdem nicht, ihr Schicksal abzuwenden. Als jähzorniges Pendant fungiert die ungeduldige Vaterfigur (Harald Fröhlich), die alles außerhalb des Familienkreises als potentielle Gefahr wahrnimmt. Doppelgesichtig gibt sich indes Marinelli (ambig und ausdrucksstark Bülent Özdil), der Kammerherr des Prinzen, der mit scharfer Zunge persistent seinen intriganten Plan ausführt und als Antagonist auch gleich zum heimlichen Star avanciert. Als Furie hat Christiane Warneckes Gräfin Orsina ihren großen Auftritt, die sich nur mühsam beherrscht und erfolgreich die Turbulenzen intensiviert.

Irmgard Lübkes Regiearbeit setzt auf ein puristisches Bühnenbild, das sich mit wenigen modernen Einsprengseln der Reduktion verschrieben hat. Damit rückt es automatisch das Schauspiel in den Fokus: Mit starken Dialogen, schnellem Wortwitz und aufklärerische Tragik versteht das Ensemble, das Publikum zu packen und in Lessings Welt eintauchen zu lassen. (mehr...)

© Veonika Zangl, 2018