Illusionen einer Ehe - Typisch Mann und total Frau
kleines theater (Rezension)
„Mitterbachkirchen“
Viel Lärm um alles
Am "kleines theater" in Salzburg feierte „Mitterbachkirchen“ Uraufführung. Cornelius Gohlke inszenierte die Komödie von Peter Blaikner als temporeiche Gesellschaftssatire.
Die Bürger und Bürgerinnen von Mitterbachkirchen sind in Aufruhr. Der Bürgermeister und die einflussreichste Wirtin am Platz wollen den dörflichen Fluss wieder um die alte Kirche fließen lassen. „Alpine Dreaming“ nennt sich das Großprojekt, für das dringend ein Investor her muss. Der windige Sedlacek hat bereits den richtigen Trumpf im Ärmel. Behauptet er zumindest. Während sich Anni und Erni noch in Rage lästern, trifft ein berühmter Hollywood-Schauspieler aus Amerika ein und das beschauliche Dorf steht ohnehin längst Kopf.
Ein Hang zu ausgetüftelten Sprachjonglagen und kecken Wortverdrehereien bei gleichzeitigem Tiefgang lässt den Urheber von „Mitterbachkirchen“ bereits erahnen. Peter Blaikner hat es wieder getan und Cornelius Gohlke ist mitschuldig. Ersterer schrieb den linguistisch unverkennbaren Plot, Letzterer inszenierte die nur scheinbar humorige Bauernposse als intelligente Gesellschaftssatire.
Belehrung kann so heiter sein. Wer genau hinsieht, erkennt unter all dem lauten Gedöns, flapsigen Gezeter und amourösen Eskapaden einen klugen Querschnitt. Dafür packte Peter Blaikner auch den einen oder anderen Politskandal ins Textbuch. Die schönsten Stücke schreibt bekanntlich das Leben, selbst wenn das Original eigentlich bereits vor politischen Turbulenzen entstand und erst nachträglich um Anekdoten bereichert wurde. In diese Richtung zielt, wenn auf der Bühne persistent der Schredder läuft. Mit großen Gesten sorgen Bürgermeister (Peter Blaikner in einer tiefenentspannten Paraderolle) und Anwohner gleichermaßen für Papierschnipsel. Gaby Schall läuft als lästernde Wirtin mit großem Einsatz zu Hochform auf. Auch die fromme Waltraud sitzt. Herrlich, wie ihr der Heilige Joseph erscheint (Daniel Pink niesend und mit dunkler Walleperücke). Keck und forsch führt er sie zurück auf den sehr weltlichen Weg. Aber auch als aalglatter Sedlacek macht Daniel Pink eine vorzügliche Figur. Den Wiener Soziolekt genüsslich in die Breite ziehend, zelebriert er das macholastige Gebaren seiner Figur. Judith Brandstätter sorgt sowohl als Anni als auch als russische Oligarchin wider Willen für Furore. Mit sehr viel Emotion und sichtlich verdrehter Syntax stöckelt sie über die Bühne und auch der russische Akzent sitzt wunderbar deplatziert. Als Anni schwingt sie lästerlich ihre Moralkeule, bis diese plötzlich rückfeuert.
Den Humor zieht „Mitterbachkirchen“ vor allem auch aus dem hohen Wiedererkennungswert des Stücks. Tatsächlich öffnen sich ertaunlich viele Parallelen zu realen dörflichen und gesellschaftlichen Gegenheiten. Da hilft eigentlich nur noch Lachen und die Erkenntnis, sind wir nicht alle ein bisschen „Mitterbachkirchen“? (weiter...)
© Veronika Zangl, 2020
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Fotos:Christian Strelli